Traumasensibel und Arbeiten mit Achtsamkeit

 

Was bedeutet traumasensibel?

Viel häufiger als in der Vergangenheit, werden körperliche und/oder seelische Traumen (wie z.B. Unfälle, Missbrauch, Vernachlässigung, Kriegserlebnisse oder andere Katastrophen, insbesondere in frühester Kindheit) als Ursachen von körperlich-seelisch-geistigen Symptomen, psychischen und somatischen Erkrankungen erkannt. Traumatische Verursachung ist häufig nicht offensichtlich, ist aber bei entsprechender Sensibilisierung, für Fachleute bemerkbar und für Betroffene in daraus resultierenden Erlebens- und Verhaltensmustern spürbar. Neurobiologisch bildet sich dies in dysfunktionalen Verarbeitungsprozessen im Gehirn ab:

Störung der Stressverarbeitung und Mangel an Resilienz als Folge fehlerhafter Reizaufnahme und -verarbeitung (Hyper-, Hypoarousal), Mangel an Selbstwahr­nehmung bis zu dissoziativen Zuständen, Konzentrations-, Lern- und Handlungs­planungsstörungen, Angstzustände und Depressionen, Verspannungen und Schmerzen, Verdauungsbeschwerden, Schreckhaftigkeit und Schlafstörungen sind nur einige davon.

Nicht nur ergotherapeutische Interventionen sind geeignet, die damit verbundenen, zum Teil gravierenden Folgen in der Alltagsbewältigung (Arbeit, Selbst­versorgung und Freizeitgestaltung) zu behandeln, sondern auch körper­therapeutische Interventionen helfen, Selbstwahrnehmung und Selbstregulation, Verankerung im "Hier und Jetzt", Wahrnehmung von Grenzen und Grenzsetzung zu unterstützen und damit zum Erleben von Sicherheit, Stabilisierung und Krankheitsbewältigung beizutragen. Dies kann auch unterstützend zu (Trauma-) psychotherapeutischer Behandlung erfolgen.

Angeborene instinkthafte Bewältigungsmechanismen, die helfen, extreme Ereignisse zu verarbeiten, können wegen deren Schwere, Dauer oder mangelnder Unterstützung durch Bezugspersonen nicht oder ungenügend verarbeitet werden und sind im Nervensystem als eingefrorene Energie gespeichert. Durch entsprechende Auslöser wird diese Energie unkontrolliert frei und überschwemmt den traumatisierten Menschen. Achtsamkeit für diese Prozesse zu gewinnen und einen bewussten Umgang damit zu erlernen, auch durch regelmäßiges Üben im Alltag, sind Ziele meiner Arbeit. Auch die Bewusstmachung von eigenen Fähigkeiten und die Nutzung von Unterstützung, insbesondere auf körperlich-seelischer Ebene, sind mir ein wichtiges Anliegen.

Was bedeutet achtsam?

Achtsamkeit ist die absichtsvolle, bewusste Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf das gegenwärtige Erleben, kann sich auf die Sinneseindrücke beziehen, die äußere Dinge in uns hinterlassen, vielmehr aber noch auf inneres Erleben, das uns kontinuierlich begleitet, wie z.B. Körper- und Atemempfindungen. Auch die Ausrichtung dieser Aufmerksamkeit ist bedeutsam: Sie ist empfänglich, möglichst offen und nicht-urteilend, liebevoll. Um mehr Ruhe zu erleben, kann auch eine Reduzierung und kontinuierliche Ausrichtung auf eine Sache sehr hilfreich sein.

Das Erleben wird vertieft, die Sinne werden offener und Stress wird reduziert, Gelassenheit und Freude können sich entfalten. Auch neue Einsichten bezüglich der eigenen Erlebens- und Verhaltensmuster werden dadurch möglich und der Veränderung zugänglich.

Formelle Übungen wie Atemmeditation, Bodyscan oder achtsame Körperübungen helfen uns, auch in alltäglichen Tätigkeiten mehr Achtsamkeit zu entwickeln, wie z.B. beim Gehen, Essen oder Kochen, aber auch in komplexeren Situationen wie der Kommunikation mit anderen Menschen, wo Bewertungen, Gedanken, Stimmungen und Gefühle sich intensiver zeigen.

Wir können erleben, nicht mehr nur von gewohnheitsmäßigen Verhaltensmustern bestimmt zu werden, sondern allmählich Freiheit und Gelassenheit in unser Sein zu bringen. Leidvolle Einstellungen zu uns oder anderen gegenüber vermindern sich allmählich und unser Leben gewinnt eine neue Ausrichtung.